Aktuelles

Keine bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum ohne Beschluss

Laut einer aktuellen Entscheidung des BGH vom 17.03.2023 – V ZR 140/22 ist eine bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum ohne vorherigen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) automatisch rechtswidrig und muss gemäß § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB unterlassen werden. Das gilt selbst dann, wenn der Eigentümer einen Anspruch auf die Veränderung hat.

In dem zugrunde liegenden Fall hatte ein Wohnungseigentümer ohne Genehmigung der WEG eine Grube für den Bau eines Swimmingpools in „seinem“ Garten ausgehoben. Der andere Miteigentümer klagte auf Unterlassung der Arbeiten und gewann in allen Instanzen. Die Gerichte entschieden, dass das Sondernutzungsrecht nicht das Recht umfasst, die Gartenfläche grundlegend umzugestalten. Vor Beginn der Arbeiten hätte daher ein Beschluss der WEG herbeigeführt werden müssen, unabhängig davon, ob der bauende Eigentümer einen Anspruch auf Gestattung der baulichen Veränderung gehabt hätte oder nicht.

Bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum müssen also immer durch einen Beschluss der WEG genehmigt werden, auch wenn kein anderer Eigentümer beeinträchtigt wird oder ein Anspruch auf die Veränderung besteht. Wohnungseigentümer sollten sich vorher informieren, ob sie dazu berechtigt sind, um Zeit, Geld und Ärger zu sparen.

Rechtsanwältin Isabelle Staiger, Tätigkeitsschwerpunkt im Miet- und Wohnungseigentumsrecht

„Rechts vor links“ auf öffentlichen Parkplätzen?!

Nicht nur die verkehrsanwaltliche Praxis, sondern auch alltägliche Beobachtungen des Verfassers belegen immer wieder aufs Neue eindrücklich, dass unter Verkehrsteilnehmern zuweilen eine gewisse Unsicherheit zu herrschen scheint, ob die sich aus § 8 Abs. 1 Satz 1 StVO ergebende Vorfahrtsregel „rechts vor links“ gleichermaßen auf öffentlichen Parkplätzen Anwendung findet.  

Hierzu hat sich der BGH mit Urteil vom 22.11.2022 (AZ.: VI ZR 344/21) deutlich positioniert und hervorgehoben, dass diese Vorfahrtsregel ohne ausdrückliche Vorfahrtenregelung weder unmittelbar noch im Rahmen der Pflichtenkonkretisierung nach § 1 Abs. 2 StVO Anwendung finde, es sei denn, die vorhandenen Fahrspuren weisen einen eindeutigen Straßencharakter auf. Ob einer Fahrspur Straßencharakter zukommt, wird danach beurteilt, ob die baulichen Verhältnisse für den Verkehrsteilnehmer vertraute typische Straßenmerkmale erkennen lassen. Entscheidende Merkmale für das Vorliegen einer Straße seien etwa Markierungen auf der Fahrbahn, Bordsteine oder das Fehlen von Parkboxen entlang der Fahrbahn.

Zur Begründung führt der BGH u.a. aus, dass ein öffentlicher Parkplatz als Ganzes betrachtet keine Straße, sondern eine Verkehrsfläche darstelle, die grundsätzlich in jeder Richtung befahren werden darf. Parkflächenmarkierungen vermögen hieran nichts zu ändern. Die auf Parkplätzen vorhandenen Fahrspuren dienen typischerweise nicht der möglichst zügigen Abwicklung des fließenden Verkehrs, vielmehr gehe es um die Erschließung der Parkmöglichkeiten durch Eröffnung von Rangierräumen und der Ermöglichung von Be- und Entladevorgängen. Zudem werden die Fahrbahnen regelmäßig sowohl von Kraftfahrern als auch Fußgängern genutzt.

Auf Parkplätzen von Supermärkten, Bauhäusern oder solchen von Kommunen sollte daher bei der Einfahrt stets darauf geachtet werden, ob ein Hinweis zur Vorfahrtsregelung (z.B. „hier gilt die StVO“) vorhanden ist. Falls nicht, können sich von rechts kommende Autofahrer bei einem Unfall nicht auf „rechts vor links“ berufen.

Rechtsanwalt Michael Thoman, Fachanwalt für Verkehrsrecht mit weiterem Tätigkeitsschwerpunkt im Bau- und Immobilienrecht

Aufwendungen für Mieterabfindungen sind steuerlich sofort abziehbar!

Der Bundesfinanzhof hat im Urteil vom 20.09.2022 (Az. IX R 29/21) entschieden, dass vom Vermieter nach Erwerb einer Immobilie gezahlte Abfindungen an Mieter für den Auszug, die dazu dienen, die Wohnungen ohne Mieter leichter renovieren oder sanieren zu können, sofort abziehbar sind. Die Aufwendungen sind keine anschaffungsnahen Aufwendungen, die max. mit 15% der Anschaffungskosten sofort abgesetzt werden können.

Dies gilt nicht, wenn das Gebäude komplett abgerissen und neugebaut werden soll. Allerdings fördert diese Rechtsprechung einerseits derartige Vereinbarungen und möglicherweise auch die Gentrifizierung, andererseits hat der Mieter – wenn der Auszug unvermeidlich erscheint – ein gutes Argument für die Erhöhung der Abfindung gegenüber dem Vermieter in der Hand.

Rechtsanwalt Andreas Schnitzler, Fachanwalt für Steuerrecht

Urlaub nicht genommen, BAG 20.12.2022 – 9 AZR 266/20

Nicht selten war in der Vergangenheit Urlaub von Arbeitnehmern untergegangen, sei es wegen Krankheit, Verfall oder weil er schlicht nicht (rechtzeitig) genommen worden ist bevor das Arbeitsverhältnis endete. Das BAG hatte nun die Frage zu entscheiden, wann Urlaubsansrüche verjähren. Zwar betrage die Verjährungsfrist drei Jahre, die beginne „jedoch nicht zwangsläufig mit Ende des Urlaubsjahres, sondern erst mit dem Schluss des Jahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat„, vgl. Pressemitteilung des BAG, Urteil 20.12.2022 – 9 AZR 266/20.

Damit folgt das BAG den europäischen Vorgaben. Arbeitgebern ist anzuraten, eine entsprechende Belehrung über den konkreten Urlaubsanspruch zu dokumentieren. Arbeitnehmer sollten genau prüfen, ob Ihr Urlaubsanspruch tatsächlich verjährt ist.

Rechtsanwalt Müller-Benz, hilft ihnen als Fachanwalt für Arbeitsrecht in Freiburg bei Fragen Rund das Arbeitsrecht weiter.