Aktuelles
26. Mai 2023
BAG 19.01.2023 – 8 AZR 439/21 rechtsmissbräuchliche Bewerbung – AGG
Ein in einem hoch streitigen Kündigungsschutzverfahren ausgeschiedener, schwerbehinderter Mitarbeiter hatte sich bei seinem öffentlichen Arbeitgeber erneut beworben und war zum Vorstellungsgespräch nicht eingeladen worden. Das BAG erteilte dem Kläger, der deshalb eine Entschädigung nach dem AGG verlangte, wegen Rechtsmissbrauchs eine Abfuhr. Der Kläger hatte in dem vorangegangenem Kündigungsschutzverfahren vorgetragen, er sei gemobbt worden und habe „Angst um sein Leben“ gehabt. Das BAG argumentierte: Aufgrund dieser Umstände sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger ernsthaft daran interessiert war, in das belastende Arbeitsumfeld zurückzukehren, unabhängig davon, wer die Konflikte verursacht habe. Die Bewerbung sei daher rechtsmissbräuchlich.
Sehen Sie sich Ansprüchen wegen (vermeintlicher) Diskriminierung nach dem AGG ausgesetzt?
Rechtsanwalt Müller-Benz, hilft ihnen als Fachanwalt für Arbeitsrecht in Freiburg bei Fragen Rund das Arbeitsrecht weiter.
5. Mai 2023
Keine bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum ohne Beschluss
Laut einer aktuellen Entscheidung des BGH vom 17.03.2023 – V ZR 140/22 ist eine bauliche Veränderung am Gemeinschaftseigentum ohne vorherigen Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) automatisch rechtswidrig und muss gemäß § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB unterlassen werden. Das gilt selbst dann, wenn der Eigentümer einen Anspruch auf die Veränderung hat.
In dem zugrunde liegenden Fall hatte ein Wohnungseigentümer ohne Genehmigung der WEG eine Grube für den Bau eines Swimmingpools in „seinem“ Garten ausgehoben. Der andere Miteigentümer klagte auf Unterlassung der Arbeiten und gewann in allen Instanzen. Die Gerichte entschieden, dass das Sondernutzungsrecht nicht das Recht umfasst, die Gartenfläche grundlegend umzugestalten. Vor Beginn der Arbeiten hätte daher ein Beschluss der WEG herbeigeführt werden müssen, unabhängig davon, ob der bauende Eigentümer einen Anspruch auf Gestattung der baulichen Veränderung gehabt hätte oder nicht.
Bauliche Veränderungen am Gemeinschaftseigentum müssen also immer durch einen Beschluss der WEG genehmigt werden, auch wenn kein anderer Eigentümer beeinträchtigt wird oder ein Anspruch auf die Veränderung besteht. Wohnungseigentümer sollten sich vorher informieren, ob sie dazu berechtigt sind, um Zeit, Geld und Ärger zu sparen.
Rechtsanwältin Isabelle Staiger, Tätigkeitsschwerpunkt im Miet- und Wohnungseigentumsrecht
21. April 2023
„Rechts vor links“ auf öffentlichen Parkplätzen?!
Nicht nur die verkehrsanwaltliche Praxis, sondern auch alltägliche Beobachtungen des Verfassers belegen immer wieder aufs Neue eindrücklich, dass unter Verkehrsteilnehmern zuweilen eine gewisse Unsicherheit zu herrschen scheint, ob die sich aus § 8 Abs. 1 Satz 1 StVO ergebende Vorfahrtsregel „rechts vor links“ gleichermaßen auf öffentlichen Parkplätzen Anwendung findet.
Hierzu hat sich der BGH mit Urteil vom 22.11.2022 (AZ.: VI ZR 344/21) deutlich positioniert und hervorgehoben, dass diese Vorfahrtsregel ohne ausdrückliche Vorfahrtenregelung weder unmittelbar noch im Rahmen der Pflichtenkonkretisierung nach § 1 Abs. 2 StVO Anwendung finde, es sei denn, die vorhandenen Fahrspuren weisen einen eindeutigen Straßencharakter auf. Ob einer Fahrspur Straßencharakter zukommt, wird danach beurteilt, ob die baulichen Verhältnisse für den Verkehrsteilnehmer vertraute typische Straßenmerkmale erkennen lassen. Entscheidende Merkmale für das Vorliegen einer Straße seien etwa Markierungen auf der Fahrbahn, Bordsteine oder das Fehlen von Parkboxen entlang der Fahrbahn.
Zur Begründung führt der BGH u.a. aus, dass ein öffentlicher Parkplatz als Ganzes betrachtet keine Straße, sondern eine Verkehrsfläche darstelle, die grundsätzlich in jeder Richtung befahren werden darf. Parkflächenmarkierungen vermögen hieran nichts zu ändern. Die auf Parkplätzen vorhandenen Fahrspuren dienen typischerweise nicht der möglichst zügigen Abwicklung des fließenden Verkehrs, vielmehr gehe es um die Erschließung der Parkmöglichkeiten durch Eröffnung von Rangierräumen und der Ermöglichung von Be- und Entladevorgängen. Zudem werden die Fahrbahnen regelmäßig sowohl von Kraftfahrern als auch Fußgängern genutzt.
Auf Parkplätzen von Supermärkten, Bauhäusern oder solchen von Kommunen sollte daher bei der Einfahrt stets darauf geachtet werden, ob ein Hinweis zur Vorfahrtsregelung (z.B. „hier gilt die StVO“) vorhanden ist. Falls nicht, können sich von rechts kommende Autofahrer bei einem Unfall nicht auf „rechts vor links“ berufen.
Rechtsanwalt Michael Thoman, Fachanwalt für Verkehrsrecht mit weiterem Tätigkeitsschwerpunkt im Bau- und Immobilienrecht
13. Januar 2023
Aufwendungen für Mieterabfindungen sind steuerlich sofort abziehbar!
Der Bundesfinanzhof hat im Urteil vom 20.09.2022 (Az. IX R 29/21) entschieden, dass vom Vermieter nach Erwerb einer Immobilie gezahlte Abfindungen an Mieter für den Auszug, die dazu dienen, die Wohnungen ohne Mieter leichter renovieren oder sanieren zu können, sofort abziehbar sind. Die Aufwendungen sind keine anschaffungsnahen Aufwendungen, die max. mit 15% der Anschaffungskosten sofort abgesetzt werden können.
Dies gilt nicht, wenn das Gebäude komplett abgerissen und neugebaut werden soll. Allerdings fördert diese Rechtsprechung einerseits derartige Vereinbarungen und möglicherweise auch die Gentrifizierung, andererseits hat der Mieter – wenn der Auszug unvermeidlich erscheint – ein gutes Argument für die Erhöhung der Abfindung gegenüber dem Vermieter in der Hand.