22. Juni 2023
Urlaubsgewährung, Langzeiterkrankung und fehlende Tilgungsbestimmung
In einer weiteren Entscheidung hat das BAG (Urteil vom 23.03.2023, Az: 9 AZR 488/21) nochmals bestätigt, dass Urlaub, der wegen Krankheit lange Zeit nicht genommen worden ist, nur dann nach Ablauf eines Übertragungszeitraums von 15 Monaten erlischt, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer durch Erfüllung der Mitwirkungsobliegenheiten rechtzeitig vor Krankheitsbeginn in die Lage versetzt hat, diesen Anspruch zu realisieren (BAG 20. Dezember 2022 – 9 AZR 401/19 – Rn. 12).
Besonders bemerkenswert ist diese Entscheidung, da sie Anweisungen enthält, wie mit dem Abbau des Gesamturlaubsanspruchs umzugehen ist, wenn dieser setzt sich aus gesetzlichem Mindesturlaub, tariflichem Mehrurlaub und dem Zusatzurlaub für schwerbehinderte Menschen zusammen.
Das BAG hat sich klar positioniert: Sofern eine Tilgungsbestimmung des Arbeitgebers fehlt (der Arbeitgeber sagt nicht bei Gewährung, welcher Urlaub zuerst abgebaut werden soll), gilt § 366 Abs. 2 BGB.
„Nimmt der Arbeitgeber keine Tilgungsbestimmung iSv. § 366 Abs. 1 BGB vor, ist die in § 366 Abs. 2 BGB vorgegebene Tilgungsreihenfolge mit der Maßgabe heranzuziehen, dass zuerst gesetzliche Urlaubsansprüche und erst dann den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigende Urlaubsansprüche erfüllt werden, um anderenfalls eintretende systemwidrige und dem hypothetischen Parteiwillen widersprechende Ergebnisse zu vermeiden.“
Rechtsanwalt Müller-Benz, hilft ihnen als Fachanwalt für Arbeitsrecht in Freiburg bei Fragen rund das Arbeitsrecht weiter.